Der Wind, sagt die Möwe,
ist mein eigenes Element,
Worte gehören dem Menschen
und sind aus feineren Lüften geblasen.
#2
Frank(Sonntag, 12 Juli 2015 21:32)
mother nature
eilig passieren die wellen
das am faden tanzende
thermometer: „wohin?"
#3
Frank(Donnerstag, 16 Juli 2015 22:51)
Das Sommerloch, begreife doch,
ist alt stets und das neue noch,
was einfährt, wird auch ausgekehrt,
was lange klug, wird endlich dumm.
Und wenn es gleich ein Leben währt,
das windet sich und zappelt krumm,
o weh, ein Schrei, ein Mensch, ein Ei,
gebäre, Mensch, dich selbst und geh
entzwei.
#4
Frank(Sonntag, 19 Juli 2015 10:56)
daß du mich kommen
und gehen lässt
kommen und gehen
#5
Frank(Samstag, 05 September 2015)
Die kleine grüne Spinne sitzt
autoerotisch auf der äußersten
Spitze des Blattes.
#6
Frank(Dienstag, 08 September 2015 10:35)
Und ich hoffe, es ist nicht zu anzüglich,
wenn ich behaupte,
Lenas Äpfel duften besonders zart.
#7
Frank(Freitag, 11 September 2015 21:47)
Lena eins
Als Kind wunderte ich mich
über kommunizierende Röhren:
wenn das Leid weniger wird,
steigt das Glück an.
#8
Frank(Samstag, 12 September 2015 16:50)
Lena zwei
"He who cares about the syntax of things will finally kiss you"
#9
Frank(Sonntag, 13 September 2015 21:19)
Lena drei
Liebe Kinder,
heute sprechen wir über ihre Hände,
die immer unterwegs sind, wohin -
das wissen wir noch nicht.
#10
Frank(Montag, 14 September 2015 22:36)
Lena vier
Und am Abend gehen ihre Hände schlafen,
so wie alle unsere Hände schlafen gehen;
aber ihre träumen ihren eigenen Traum,
von dem wir vielleicht etwas erfahren.
#11
Frank(Dienstag, 15 September 2015 21:28)
Lena fünf
Und den nächtlichen Fluss hinunter zu fahren
vorbei an Jakutsk, den unermüdlichen Häusern
in Grün, Rosa, Blau, dem Gewirr im Schweigen
vergessener Straßen, immer der endlose Strom.
#12
Frank(Mittwoch, 16 September 2015 21:48)
Lena fünf
Und den nächtlichen Fluss hinunter zu fahren
vorbei an Jakutsk, den unermüdlichen Häusern
in Grün, Rosa, Blau, dem Gewirr im Schweigen
vergessener Straßen, immer der endlose Strom.
#13
Frank(Mittwoch, 16 September 2015 21:59)
Um nachts aufzuwachen und nicht zu wissen,
wo ich bin, aber mit dem Gefühl, dass es
auf jeden Fall der richtige Ort ist und
um dann wieder einzuschlafen, irgendwo.
#14
Frank(Donnerstag, 17 September 2015 23:16)
Lena sieben
Von Norden nach Süden zu reisen
ist ein Privileg zur Zeit in
Europa, nachts den Fluss hinunter
zu fahren ein Traum, am richtigen
Ort aufzuwachen eine Utopie.
#15
Frank(Samstag, 19 September 2015 00:10)
Lena acht
Gib acht, was sagt die tiefe Mitternacht,
der Tag ein Traum, am Fluss der ferne Ort
und schreiben darf nur, wer nicht glaubt.
#16
Frank(Samstag, 19 September 2015 22:29)
Lena neun
Dein Haus am Fluss, gib acht,
dass es nicht mit den Träumen
davonschwimmt - vorbei an den
dunklen Neubauten von Irkutsk.
#17
Frank(Sonntag, 20 September 2015 23:47)
Lena zehn
Manchmal tritt sie nachts noch vor die Tür
und schaut hinab, eine Frau auf ihr Fahrrad
gestützt, lässt sich ein letztes Feuer geben
und bläst in die Glut und fährt dann davon,
jetzt oder früher, wer weiss das schon, nur
soviel bleibt übrig, wenn sie sich umdreht
und zurück in ihr Zimmer geht, zurück in ihr
Zimmer.
#18
Frank(Montag, 28 September 2015 00:04)
Marathon
Während die Kirchenglocke in Teetz
eine halbe Stunde herüberreicht,
wälzt in Berlin sich das Mittelfeld
gerade an unserem Haus vorüber.
#19
Lena(Samstag, 31 Oktober 2015 00:10)
Det blir mörkt men jag finns ändå kvar från sommarens ljusa varande.
#20
Lena(Samstag, 31 Oktober 2015 00:16)
Bryter jag mot regler....ja, varför? Jag skriver på svenska på en tysk sida......
An einem Tag, als es mit dem Wetter keine günstige Wendung nehmen wollte, fuhren wir nach einiger Unentschlossenheit letztlich doch zu einer Auktion nach Södra Vi. In einem der ersteigerten, ‘låda’
genannten Pappkartons, in meiner Erinnerung ist er schon ein wenig vom Regen durchweicht, fand sich neben allerlei nützlichen Dingen, zum Beispiel ordentlichen Weingläsern, ein Gegenstand, der sich,
als Luca ihn herausnahm, als eine etwa faustgroße Figur eines Tierwesens aus massivem Glas entpuppte - unklar ob Pudel oder Pavian. Er war aber von einer derartig maßlosen Kunstlosigkeit, unverhohlen
umlaufen noch von der Gußnaht, dem Brandmal seiner industriellen Herkunft, daß wir bei seinem Anblick uns vor Lachen nicht mehr zu fassen wussten und an seiner Gestalt nach und nach Funktionen und
Namen ausprobierten, bis wir zuletzt darauf verfielen, dass dies wohl ein Puvian sein müsse, zugleich ein Penide ersten Wassers. Die Vorstellung, ihn an jemanden zu verschenken und damit in größte
Verlegenheit zu stürzen, erfüllte uns mit einer schönen, tiefen Heiterkeit.
Er hätte durchaus in einem Regal oder auf einer Fensterbank landen können, bei irgendjemandem, zwischen Blumentöpfen und Porzellanhunden, ohne Rücksicht auf das, was er war oder doch zumindest
versprach zu werden. Aber war es nun seine Transparenz, die ihn befähigte, alles um sich herum Befindliche durchscheinen zu lassen oder ist es nicht doch das Wesen der Dinge selbst, deren Umgebung -
wenn auch in veränderter Form - in sich aufzunehmen, um es dann wieder erscheinen zu lassen, womit er sich dann uns Menschen als durchaus ebenbürtig erwiesen hätte? Einen
echten Puvian indes interessiert das alles nur am Rande, er reist durch Raum und Zeit, von Menschenhand getragen und die Sinngebung überlässt er dem Betrachter. Aber dem Abendrot über dem See prägt
er doch sein unvergängliches Zeichen ein: hier war auch ich.
Sollte man nicht meinen, damit wäre bereits alles über ihn gesagt und der Leser, den wir uns ja nach wie vor ebensogut - oder eigentlich fast noch besser - als Leserin vorstellen dürfen - könnte nun
das unsägliche Vorwort überschlagen, um nun endlich mit dem Blättern zu beginnen? Dies jedoch ist die Lektion, die der Puvian uns mitgeben möchte: uns in Geduld zu fassen und mit Lao-Tse zu sagen:
“Große Vollendung muß wie unzulänglich erscheinen, so wird sie unendlich in ihrer Wirkung.”
Wenn der Puvian sich aber zuletzt doch von seinem Plätzchen am See erhebt: die Sonne versinkt allmählich hinter den Bäumen, das Wolkenschauspiel versinkt bis auf Weiteres im dunklen See, um am
nächsten Tag wie hingezaubert und doch ganz anders wieder zu erscheinen, das Blaue vermengt sich ein letztes Mal mit dem Rötlichen, wenn unser Puvian also eher getragen als gelaufen anderen Orten,
anderen Zeiten zustrebt, bleibt da für uns nicht eine Frage:
...isn't he a bit like you and me?
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Frank (Mittwoch, 08 Juli 2015 22:55)
Der Wind, sagt die Möwe,
ist mein eigenes Element,
Worte gehören dem Menschen
und sind aus feineren Lüften geblasen.
Frank (Sonntag, 12 Juli 2015 21:32)
mother nature
eilig passieren die wellen
das am faden tanzende
thermometer: „wohin?"
Frank (Donnerstag, 16 Juli 2015 22:51)
Das Sommerloch, begreife doch,
ist alt stets und das neue noch,
was einfährt, wird auch ausgekehrt,
was lange klug, wird endlich dumm.
Und wenn es gleich ein Leben währt,
das windet sich und zappelt krumm,
o weh, ein Schrei, ein Mensch, ein Ei,
gebäre, Mensch, dich selbst und geh
entzwei.
Frank (Sonntag, 19 Juli 2015 10:56)
daß du mich kommen
und gehen lässt
kommen und gehen
Frank (Samstag, 05 September 2015)
Die kleine grüne Spinne sitzt
autoerotisch auf der äußersten
Spitze des Blattes.
Frank (Dienstag, 08 September 2015 10:35)
Und ich hoffe, es ist nicht zu anzüglich,
wenn ich behaupte,
Lenas Äpfel duften besonders zart.
Frank (Freitag, 11 September 2015 21:47)
Lena eins
Als Kind wunderte ich mich
über kommunizierende Röhren:
wenn das Leid weniger wird,
steigt das Glück an.
Frank (Samstag, 12 September 2015 16:50)
Lena zwei
"He who cares about the syntax of things will finally kiss you"
Frank (Sonntag, 13 September 2015 21:19)
Lena drei
Liebe Kinder,
heute sprechen wir über ihre Hände,
die immer unterwegs sind, wohin -
das wissen wir noch nicht.
Frank (Montag, 14 September 2015 22:36)
Lena vier
Und am Abend gehen ihre Hände schlafen,
so wie alle unsere Hände schlafen gehen;
aber ihre träumen ihren eigenen Traum,
von dem wir vielleicht etwas erfahren.
Frank (Dienstag, 15 September 2015 21:28)
Lena fünf
Und den nächtlichen Fluss hinunter zu fahren
vorbei an Jakutsk, den unermüdlichen Häusern
in Grün, Rosa, Blau, dem Gewirr im Schweigen
vergessener Straßen, immer der endlose Strom.
Frank (Mittwoch, 16 September 2015 21:48)
Lena fünf
Und den nächtlichen Fluss hinunter zu fahren
vorbei an Jakutsk, den unermüdlichen Häusern
in Grün, Rosa, Blau, dem Gewirr im Schweigen
vergessener Straßen, immer der endlose Strom.
Frank (Mittwoch, 16 September 2015 21:59)
Um nachts aufzuwachen und nicht zu wissen,
wo ich bin, aber mit dem Gefühl, dass es
auf jeden Fall der richtige Ort ist und
um dann wieder einzuschlafen, irgendwo.
Frank (Donnerstag, 17 September 2015 23:16)
Lena sieben
Von Norden nach Süden zu reisen
ist ein Privileg zur Zeit in
Europa, nachts den Fluss hinunter
zu fahren ein Traum, am richtigen
Ort aufzuwachen eine Utopie.
Frank (Samstag, 19 September 2015 00:10)
Lena acht
Gib acht, was sagt die tiefe Mitternacht,
der Tag ein Traum, am Fluss der ferne Ort
und schreiben darf nur, wer nicht glaubt.
Frank (Samstag, 19 September 2015 22:29)
Lena neun
Dein Haus am Fluss, gib acht,
dass es nicht mit den Träumen
davonschwimmt - vorbei an den
dunklen Neubauten von Irkutsk.
Frank (Sonntag, 20 September 2015 23:47)
Lena zehn
Manchmal tritt sie nachts noch vor die Tür
und schaut hinab, eine Frau auf ihr Fahrrad
gestützt, lässt sich ein letztes Feuer geben
und bläst in die Glut und fährt dann davon,
jetzt oder früher, wer weiss das schon, nur
soviel bleibt übrig, wenn sie sich umdreht
und zurück in ihr Zimmer geht, zurück in ihr
Zimmer.
Frank (Montag, 28 September 2015 00:04)
Marathon
Während die Kirchenglocke in Teetz
eine halbe Stunde herüberreicht,
wälzt in Berlin sich das Mittelfeld
gerade an unserem Haus vorüber.
Lena (Samstag, 31 Oktober 2015 00:10)
Det blir mörkt men jag finns ändå kvar från sommarens ljusa varande.
Lena (Samstag, 31 Oktober 2015 00:16)
Bryter jag mot regler....ja, varför? Jag skriver på svenska på en tysk sida......
Frank (Montag, 06 Februar 2017 14:42)
Der Puvian
- und wie er zu den Menschen kam
An einem Tag, als es mit dem Wetter keine günstige Wendung nehmen wollte, fuhren wir nach einiger Unentschlossenheit letztlich doch zu einer Auktion nach Södra Vi. In einem der ersteigerten, ‘låda’ genannten Pappkartons, in meiner Erinnerung ist er schon ein wenig vom Regen durchweicht, fand sich neben allerlei nützlichen Dingen, zum Beispiel ordentlichen Weingläsern, ein Gegenstand, der sich, als Luca ihn herausnahm, als eine etwa faustgroße Figur eines Tierwesens aus massivem Glas entpuppte - unklar ob Pudel oder Pavian. Er war aber von einer derartig maßlosen Kunstlosigkeit, unverhohlen umlaufen noch von der Gußnaht, dem Brandmal seiner industriellen Herkunft, daß wir bei seinem Anblick uns vor Lachen nicht mehr zu fassen wussten und an seiner Gestalt nach und nach Funktionen und Namen ausprobierten, bis wir zuletzt darauf verfielen, dass dies wohl ein Puvian sein müsse, zugleich ein Penide ersten Wassers. Die Vorstellung, ihn an jemanden zu verschenken und damit in größte Verlegenheit zu stürzen, erfüllte uns mit einer schönen, tiefen Heiterkeit.
Er hätte durchaus in einem Regal oder auf einer Fensterbank landen können, bei irgendjemandem, zwischen Blumentöpfen und Porzellanhunden, ohne Rücksicht auf das, was er war oder doch zumindest versprach zu werden. Aber war es nun seine Transparenz, die ihn befähigte, alles um sich herum Befindliche durchscheinen zu lassen oder ist es nicht doch das Wesen der Dinge selbst, deren Umgebung - wenn auch in veränderter Form - in sich aufzunehmen, um es dann wieder erscheinen zu lassen, womit er sich dann uns Menschen als durchaus ebenbürtig erwiesen hätte? Einen
echten Puvian indes interessiert das alles nur am Rande, er reist durch Raum und Zeit, von Menschenhand getragen und die Sinngebung überlässt er dem Betrachter. Aber dem Abendrot über dem See prägt er doch sein unvergängliches Zeichen ein: hier war auch ich.
Sollte man nicht meinen, damit wäre bereits alles über ihn gesagt und der Leser, den wir uns ja nach wie vor ebensogut - oder eigentlich fast noch besser - als Leserin vorstellen dürfen - könnte nun das unsägliche Vorwort überschlagen, um nun endlich mit dem Blättern zu beginnen? Dies jedoch ist die Lektion, die der Puvian uns mitgeben möchte: uns in Geduld zu fassen und mit Lao-Tse zu sagen: “Große Vollendung muß wie unzulänglich erscheinen, so wird sie unendlich in ihrer Wirkung.”
Wenn der Puvian sich aber zuletzt doch von seinem Plätzchen am See erhebt: die Sonne versinkt allmählich hinter den Bäumen, das Wolkenschauspiel versinkt bis auf Weiteres im dunklen See, um am nächsten Tag wie hingezaubert und doch ganz anders wieder zu erscheinen, das Blaue vermengt sich ein letztes Mal mit dem Rötlichen, wenn unser Puvian also eher getragen als gelaufen anderen Orten, anderen Zeiten zustrebt, bleibt da für uns nicht eine Frage:
...isn't he a bit like you and me?